Betreff
Belastungssituation der Kläranlage Ubstadt-Weiher
Hier: Vorstellung der Untersuchungsergebnisse zur Ermittlung der Kläranlagenbelastung und der daraus abgeleiteten Optimierungsmaßnahmen durch die Firma Tilia GmbH
Vorlage
VÖ/152/2017
Art
Vorlage öffentlich

Sachverhalt

Am 10.05.2016 wurde nach Gemeinderatsbeschluss das Ingenieurbüro Holinger GmbH mit einer Verfahrens- und steuerungstechnischen Prüfung der Belebungsstufe zur Grundlagenermittlung der Kläranlagenbelastung im Vorfeld der Erneuerung des Prozessleitsystems beauftragt.

Nachdem erste Ergebnisse teilweise extreme Streuungen und Unplausibilitäten einiger Zulaufparameter aufwiesen, stimmte der Gemeinderat am 20.09.2016 weiteren Untersuchungen durch das Ingenieurbüro Holinger zu. Die daraufhin aus einem Messprogramm ermittelten Daten dienten als Grundlage für die Nachrechnung der biologischen Stufe der Kläranlage. Auf dieser Basis wurde der aktuelle Luftbedarf zur Prüfung und Neuauslegung der vorhandenen Lufterzeugung ermittelt.

Des Weiteren wurden Vor- und Nachklärung sowie die Beckenverteilung der Belebung auf ihre Funktionalität untersucht sowie weitere Verfahrensbestandteile wie die Rücklaufschlammförderung, Rezirkulation etc. in die Betrachtung einbezogen.

 

Ergebnis:

Der nun vorgelegte Abschlussbericht zeigt im Wesentlichen folgende Erkenntnisse auf:

 

1.       Zulauf:

Als Ursache der teilweise unplausiblen Messwerte des Zulaufvolumenstroms wurde ein Phänomen am Zwischenhebewerk ausgemacht. Hier entsteht bei längeren Niederschlagsereignissen ein Aufstau, der Fehlmessungen hervorruft. Eine Anpassung der Hydraulik-/Förderschneckensteuerung sollte hier Abhilfe schaffen.

 

2.       Vorklärung:

Das Vorklärbecken der Kläranlage ist für die nachfolgende biologische Stufe mit Stickstoffelimination zu groß. Dies führt dazu, dass bereits im Vorklärbecken viel Kohlenstoff entnommen wird, der anschließend in der Denitrifikation fehlt.
Vor diesem Hintergrund ist eine Änderung der Betriebsweise der Kläranlage notwendig, entweder über den Betrieb mit Teilumgehung der Vorklärung oder durch Anpassung (Verkleinerung) der vorhandenen Vorklärung.

 

3.       Belebung:

Die Nachrechnung des Istzustandes zeigt durch die geringe Auslastung der Gebläse, dass die Belebungsstufe die (organische) Belastung gut abbauen kann, andererseits, dass es bei Spitzenlastschüben ab und an zu Überschreitungen der Stickstoff-Ablaufwerte kommt.

 

 

4.       Nachklärung:

Die Nachklärung ist hydraulisch das „Nadelöhr“ der biologischen Stufe. Die Nachrechnung ergab, dass die Nachklärung im derzeitigen Betrieb ihre Funktion bei maximalem Mischwasseranfall nicht bzw. nur noch unzureichend erfüllen kann. Die Folge ist, dass die Schlammvolumenbeschickung überschritten wird und es zu Schlammabtrieb kommen könnte. Über die Anpassung der Parameter kann eine Verbesserung erzielt werden, ggf. auch durch bauliche Maßnahmen.

 

Vor diesem Hintergrund sind im gegenwärtigen Betriebszustand der Anlage keine zusätzlichen Kapazitäten für den Anschluss weiterer Lasten vorhanden.

 

 

Warum ist die Situation nun so?

 

Die letzten Untersuchungen zur Kläranlagenbelastung und zur Ermittlung der Ausbaugröße fanden im Jahr 1999 im Vorfeld der Kläranlagenerweiterung statt. Die Recherche der Aktenlage zeigt klar, dass man mit der Festlegung auf 18.000 Einwohnergleichwerte sich bewusst bis zum Jahre 2015 entschieden hat. Schon damals war man sich darüber klar, dass man sichmit Ablauf der Einleitererlaubnis (Ende 2015) auch mit einer Optimierung/ Erweiterung der Kläranlage würde befassen müssen. Beweggrund war die Vermeidung einer eventuellen Überdimensionierung der Anlage, wie sie damals im Osten der Republik passierte, um somit nicht unnötige Investitionen zu früh zu tätigen. Ursprünglich schlug damals der zuständige Ingenieur  eine Ausbaugröße auf 20.000 Einwohnergleichwerte (basierend auf der Bevölkerungsentwicklung bis 2025) vor. Das LRA machte bei einem damaligen Abstimmungsgespräch die Abschätzung, dass es ausreichend wäre, die Bevölkerungsentwicklung nur bis 2015 anzusetzen. Das hieß, dass nach Ansicht des LRA die Ausbaugröße 18.000 Einwohnergleichwerte (bezogen auf BSB5 = Biochemischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen für aeroben Abbau) als ausreichend zu betrachten sei und dies trotz des Umstandes, dass schon damals die Messungen der beauftragten Laborgesellschaft für Umweltschutz MBH ermittelten Belastungswerte starke Schwankungen der Einwohnergleichwerte in den verschiedenen Bereichen (z.B. BSB5 zwischen 12.080 und 23.050 Einwohnergleichwerte) betrugen.

 

Konsequenzen/Auswirkungen:

Klar ist, dass durch die vorliegenden Fakten Optimierungs-/Erweiterungsmaßnahmen der Kläranlage auf die Gemeinde zukommen werden. Diese sollen im Hinblick auf die beabsichtigte Ausweisung von neuen Baugebieten zeitnah erfolgen.

 Abgeleitete Optimierungsmaßnahmen:

Bei der Umsetzung der abgeleiteten Optimierungsmaßnahmen soll schrittweise vorgegangen werden.

 

1.       Prüfung des Einzugsgebietes auf potentielle unbekannte Lastquellen

2.       Prüfung Nachklärung (z.B. Optimierung Schlammeigenschaften und Anpassung Rücklaufverhältnis)

3.       Anpassung Lufterzeugung (Gebläsestation, Mess- und Regelungstechnik, Luftleitungen)

4.       Grundsatzentscheidung zur Betriebsweise der Vorklärung

5.       Prüfung weiterer Optimierungsbedarf im Bereich der Belebung

(nach Betriebserfahrungen vorangegangener Optimierungsmaßnahmen)

 

Auf Grund der Komplexität der Ist-Situation sowie auch der einzuleitenden Optimierungsmaßnahmen wird die Fa. Tilia Gmbh, vertreten durch Dr. Lars Tennhardt, im Rahmen der Ausschusssitzung ausführlich erläutern und zu Fragen Stellung nehmen.

 

Umsetzung der Optimierungsmaßnahme:

Im Jahr 2017 ist noch die Durchführung von Optimierungsmaßnahme im Bereich der Mess- und Regelungstechnik vorgesehen. Die Beschlussentscheidung soll in der Gemeinderatsitzung am 21.11.2017 getroffen werden.

 

Umweltverträglichkeitsprüfung/Nachhaltigkeitsprüfung

Entfällt.

 

 

 

Beschlussvorschlag

Der Ausschuss für Umwelt und Technik nimmt die Untersuchungsergebnisse zur Ermittlung der Kläranlagenbelastung zur Kenntnis und empfiehlt dem Gemeinderat die Durchführung und Umsetzung der aus der Untersuchung abgeleiteten Optimierungsmaßnahmen.

 

Haushaltsvermerk

Für die Planung und Umsetzung der notwendigen Optimierungsmaßnahmen sind bereits im laufenden Haushalt 2017 Mittel enthalten bzw. im Haushaltsentwurf für 2018 vorgesehen.